Ein bisschen Ordnung muss sein - aber nur ein bisschen
Der Herbst ist die ideale Zeit für die Arbeit im Garten. Indem wir Rasen und Wiesen mähen, Gehölze zurückschneiden und Blätter zusammenwischen, schaffen wir Ordnung. Wir schaffen aber auch Platz und Licht für Tiere und Pflanzen.
Einige Tiere freuen sich über frisch gemähte Wiesen und abgeräumte Beete. Grünspecht und Bachstelze beispielsweise finden ihre Nahrung – Ameisen, Insekten sowie deren Eier und Larven – umso besser, je niedriger die Vegetation ist. Amsel und Rotkehlchen suchen gerne auf der offenen Erde nach Würmern und anderen Kleintieren. Die offene Erde ist auch für etliche Pflanzen bedeutend: Ackerbegleitkräuter wie Mohn oder Kornrade keimen nur bei offenem Boden, wenn ihre Samen eine Weile dem Licht ausgesetzt waren. Blumenwiesen gedeihen und blühen dann am besten, wenn sie im Herbst noch einmal gemäht werden.
DES EINEN FREUD, DES ANDEREN LEID
Was die Einen freut, bringt Andere in Bedrängnis. Die Raupe, die sich unter einem Blatt versteckt hat, liegt nun gut sichtbar auf dem Boden und wird für jeden Vogel zur leichten Beute. Der Eierkokon, den eine Zebraspinne kunstvoll gewoben und an einen Grashalm gehängt hat, wird mit dem Schnittgut weggeräumt und landet im Grüncontainer. Die Schmetterlingseier, die am Ast des Schwarzdorns kleben, verschwinden mitsamt dem Ast im Häcksler. Und die Amsel, die sich bisher täglich an den Früchten des bunt verfärbten Pfaffenhütchens labte, sucht nach dem Rückschnitt des Gebüschs vergebens nach ihrer gewohnten Nahrung.
Dieses Dilemma stellt sich bei jeder Arbeit draussen: Es gibt immer Gewinner und Verlierer. Wenn wir aber ein paar Regeln beachten, haben wir gute Chancen, mehr Gewinner als Verlierer zu schaffen.
WAS KANN ICH TUN?
- Blumenwiesen müssen im Herbst gemäht werden (und zuvor im Sommer). Lassen Sie aber einige Quadratmeter stehen. Diese dienen vor allem Insekten als Rückzugs- und Überwinterungsort. Die Winterbrache mähen Sie dann im kommenden Frühling oder Frühsommer.
- Lassen Sie einige Wildstauden über den Winter stehen. Die Samen dienen Vögeln als Herbst- und Winterfutter. An den Pflanzen und in den Stängeln überwintern Insekten. Ausserdem sind etliche trockene Wildstauden wie Disteln oder Karden auch im Winter attraktiv.
- Alte, hohle Stängel von Wildstauden (zum Beispiel Königskerzen, Karden) lassen sich in Wildbienenhotels umfunktionieren: In gleich lange Stücke schneiden und an einem sonnigen, regengeschützten Ort platzieren (liegend oder stehend).
- Schneiden Sie Bäume und Sträucher erst zurück, wenn sie kahl sind. Die Früchte (Beeren, Nüsse, Samen) sind wichtige Winternahrung.
- Abgeschnittene Äste, zu einem Haufen aufgeschichtet, sind perfekte Verstecke für Amphibien, Kleinsäuger oder Vögel. So turnen zum Beispiel Zaunkönige gerne in Asthaufen herum. Die Äste können Sie immer noch im Frühling häckseln lassen.
- Rechen Sie das gefallene Laub zu einem grossen Haufen zusammen und lassen Sie diesen über den Winter ungestört liegen. Wetten, dass viele Tiere hier wohnen werden? Würmer, Käfer, Amphibien, Kleinsäuger und Igel – sie alle finden in einem Laubhaufen Unterschlupf.
ZUR AUTORIN
Barbara Leuthold Hasler arbeitet als selbstständige Biologin und Bergführerin. Mit der Natur vor ihrer Haustür befasst sie sich seit Jahren – nicht nur beruflich, sondern auch als Hobby: zum Beispiel im eigenen Garten und in ehrenamtlichen Arbeitseinsätzen in Naturschutzgebieten.
Die Stadt Illnau-Effretikon publiziert monatlich über ihre Kommunikationskanäle und im «Regio» einen Artikel zum Thema Biodiversität. Dieser Artikel ist am 16. November 2023 erschienen.
Zugehörige Objekte
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Auszug Regio, 16. November 2023 (PDF, 358.73 kB) | Download | 0 | Auszug Regio, 16. November 2023 |
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Biodiversität |