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Politische Weggefährtinnen und Weggefährten begegneten sich im Rahmen einer Jubiläumsfeier.
Am 22. April 1974 tagte das damals neu geschaffene Illnau-Effretiker Stadtparlament zum ersten Mal - damals noch unter der Bezeichnung «Grosser Gemeinderat». 50 Jahre später trafen sich heute Samstag ehemalige Parlamentarierinnen und Parlamentarier und Mitglieder des Stadtrates anlässlich des Jubiläums auf ein Wiedersehen.
Rund 200 Gäste folgten entlang eines abwechslungsreichen Programmes Parlamentspräsident Simon Binder ins Gründungsjahr zurück. Er hielt Rückschau auf den Stadtwerdungsprozess - wie die ehemalige Gemeinde Illnau zur Stadt Illnau-Effretikon wuchs. Zuvor schlüpfte Comedian Gögi Hofmann in die Rolle eines Bundesbeamten, der eine vermeintliche und launige Grussbotschaft im Namen des Bundesrates übermittelte.
Der in Effretikon wohnhafte Radio1-Moderator Dani Wüthrich liess mit Max Binder, Esther Hildebrand und Thomas Vogel ihre politischen Karrieren, die sie allesamt im Illnau-Effretiker Parlament begonnen und auch auf übergeordneten Staatsstufen weitergeführt hatten, Revue passieren. Der ehemalige Stadtpräsident und Alt-Regierungsrat Martin Graf grüsste per Videobotschaft aus Tansania.
Yoshiko Iwai, Pianistin aus Illnau, und Clara Schlotz, Cellistin, musizierten ein Stück für Violoncello und Klavier von Robert Schumann, bevor sich beinahe alle Stadträtinnen, die in der Illnau-Effretiker Stadtregierung je Einsitz nahmen, über die Rolle der Frauen in der Politik unterhielten. Sechs von deren sieben waren anwesend. Ein historischer Moment! Sie tauschten die eine oder andere Anekdote aus und gaben zum Besten, was aus heutiger Sicht doch eher bedenklich scheint. Sinnbildlich dafür: «Als ich in den Stadtrat gewählt wurde, begrüsste man mich im dortigen Gremium mit: Endlich eine, die uns den Kaffee serviert», so Ursula Furger, die 1982 als erste Frau überhaupt den Sprung in den Stadtrat schaffte.
«Es war aber dann sicherlich nicht alles auf die eine Frage reduziert. Wir pflegten einen respektvollen Umgang mit unseren Kollegen und Kolleginnen», meinte die ehemalige Stadträtin Erika Klossner-Locher. Auch Margrit Manser, Brigitte Röösli und Rosmarie Quadranti waren der Worte nicht verlegen - ihre Schlagfertigkeit blitzte bzw. blitzt wohl immer noch auch während ihrer politischen Tätigkeit auf. «Das Frauen-Thema sollte eigentlich gar keine explizite Rolle mehr spielen – die gleichmässige Vertretung von Frauen und Männern in politischen und auch wirtschaftlichen Gremien soll selbstverständlich und natürlich sein, ohne dass man ständig darüber diskutieren muss», so die ehemalige Sicherheitsvorsteherin Salome Wyss.
Mit abwechslungsreichen Video-Einspielungen und Zusammenschnitten der einen oder anderen parlamentarischen Debatte erhielten die Gäste einen Einblick in den heutigen Parlamentsbetrieb, wo auch Versprecher und bisweilen skurrile Situationen zum Schmunzeln Anlass geben.
Stadtpräsident Marco Nuzzi erinnerte an den Leitspruch, der auch die Inschrift der 1974 gegossenen Parlamentsglocke prägt: «Fehlt’s am Wind, greift kräftig zum Ruder», ist da zu lesen. «Wenn sich Stadtrat und Parlament aufgrund ihrer exekutiven- und legislativen Rollen systembedingt bisweilen auch reiben, so verfolgen alle das gemeinsame Ziel: In und für die Stadt Illnau-Effretikon Rahmenbedingungen zu schaffen, dass sie ein attraktiver Ort, um zu leben und um zu arbeiten ist und bleibt», so Nuzzi.
«Ich ziehe den Hut vor Ihnen und Ihrer Arbeit», würdigte Sicherheitsdirektor und Sportminister Mario Fehr im Rahmen einer Grussbotschaft der Zürcher Kantonsregierung die parlamentarische Institution und vor allem jene Personen, die in den letzten fünf Jahrzehnten darin mitgewirkt hatten.
Auch Regierungsrat Fehr hatte seine politische Karriere in einem Zürcher Gemeindeparlament begonnen und kennt die kommunale Politik aus dem Effeff. «Mit Illnau-Effretikon verbinden mich zudem auch persönliche und schöne Erinnerungen, die ich nicht mehr vergessen werde».
Gelegenheit, um mit Weggefährtinnen und Weggefährten in Erinnerungen zu früheren Erlebnissen inner- und ausserhalb des Politbetriebes zu schwelgen, bot der anschliessende Apéro.
HINTERGRUND
SO IST DAS ILLNAU-EFFRETIKER PARLAMENT ENTSTANDEN:
Zwischen 1960 und 1972 erfuhr die Gemeinde Illnau wegen der Bautätigkeit in Effretikon eine weit über dem zürcherischen Durchschnitt liegende Bevölkerungszunahme von 138 %; Effretikon allein steigerte seine Einwohnerinnen- bzw. Einwohnerzahl um 211 %. Vergleichbare Stadtgemeinden wiesen deutlich tiefere Werte auf: Kloten beispielsweise wuchs in dieser Periode um 99 %, Adliswil um 79 %, Dübendorf um 68 %, Dietikon um 51 %, Wädenswil um 47 %, Bülach um 45 %, Wetzikon um 37 % und Uster um 29 %. In Volketswil hingegen, wo die Bautätigkeit erst nach 1960 einsetzte, kletterte die Wachstumsrate sogar auf 315 %.
So extrem die rasante Entwicklung Effretikons in den sechziger Jahren war, so einzigartig war auch die darauffolgende Reaktion: Die Gemeinde verdaute den Entwicklungsschub, indem sie sich neu organisierte und sich ungefähr gleichzeitig einen Wachstumsstopp verordnete. Seit Illnau-Effretikon 1974 eine Stadt mit Parlamentsbetrieb geworden ist, entwickelte sich die Zahl der Einwohnenden moderat. Die Trendwende in der Kommunalplanung bildete eine späte, aber klare Antwort auf den Bauboom, der Immobilien- und Baufirmen zu schönen Gewinnen verhalf, das Gemeinwesen jedoch mit Infrastrukturaufgaben und gesellschaftlichen Problemen stark belastete.
Bis 1974 war die Gemeindeversammlung das oberste Organ der Gemeinde Illnau. Nach der Urnenabstimmung vom 1. Februar 1970 nahte jedoch das Ende dieser alten demokratischen Einrichtung. An diesem Tag hatten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über zwei Vorlagen zu befinden. Die eine betraf das obligatorische und fakultative Referendum und wurde mit rund 78 % Ja-Stimmen deutlich angenommen. Mit diesem Entscheid wurde die Gemeindeversammlung in ihren Kompetenzen wesentlich eingeschränkt.
Kreditbeschlüsse für einmalige Beträge von über 1,5 Millionen Franken und jährlich wiederkehrende Ausgaben von über 100’000 Franken waren fortan der Urnenabstimmung unterstellt. Zusätzlich konnten Beschlüsse von Gemeindeversammlungen, an denen weniger als die Hälfte aller Stimmberechtigten teilnahmen - und dies war der Normalfall -, an die Urne überwiesen werden, wenn dies mindestens ein Drittel der Anwesenden verlangte. Umstrittener war eine Initiative der Sozialdemokratischen Partei, welche die Ausarbeitung einer neuen Gemeindeordnung forderte. Diese Initiative wurde mit einem Ja-Stimmen-Anteil von 53 % nur knapp angenommen. Sie verlangte die Einführung der ausserordentlichen Gemeindeorganisation mit Grossem Gemeinderat bis 1974. Am 4. März 1973 genehmigten die Stimmbürgerinnen und -bürger die in der Zwischenzeit entworfene neue Gemeindeordnung mit einer Zweidrittelmehrheit. Sie schafften damit die Institution der Gemeindeversammlung definitiv ab, vollzogen die Verschmelzung der politischen und der Schulgemeinde und schufen die neue offizielle Gemeindebezeichnung Illnau-Effretikon. Auf Antrag des Regierungsrates und der Geschäftsprüfungskommission stimmte der Kantonsrat am 22. Oktober 1973 dieser Namensänderung zu.
Die Geschäftsprüfungskommission erklärte, dass sie den Wunsch der Gemeindebevölkerung bei aller Zurückhaltung in Bezug auf die Änderung von Gemeindenamen mit Überzeugung unterstütze, weil Effretikon mit seinem städtischen Charakter nicht mehr mit dem weitgehend ländlichen Illnau identifiziert werden könne. Der damalige Direktor des Innern, Regierungsrat Arthur Bachmann, bestätigte an der gleichen Sitzung, dass die Bezeichnung als «Stadt» in die Kompetenz der Gemeinde falle.
Am 18. Februar 1974 fand in der Kirche Illnau in feierlichem Rahmen die letzte Gemeindeversammlung statt. Der Musikverein Illnau empfing die 369 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einem Konzert, während die Gemeinde allen einen Fünf-Franken-Gutschein für einen Umtrunk spendierte. Nach dem Schlusswort präsentierte der abtretende Gemeindepräsident Anton Jegen eine Glocke, die für den Präsidenten des zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewählten Grossen Gemeinderates vorgesehen war. Auf dieses persönliche Abschiedsgeschenk liess er die Anregung anbringen: «Fehlt's am Wind, greift kräftig zum Ruder!».
Sechs Tage später erfolgten die ersten Parlamentswahlen in der Geschichte Illnau-Effretikons. Zehn der 36 Sitze gingen an die SP, acht an die FDP, sieben an die SVP, je drei an die CVP, den Landesring und die Republikaner sowie zwei an die EVP. Nur gerade drei Frauen schafften den Sprung in den Grossen Gemeinderat. Die Exekutive, der Stadtrat, bestand wie früher der Gemeinderat aus neun Mitgliedern. Gewählt wurden die Bisherigen Otto Haag (FDP), Rico Keller (FDP), Hans Kuhn (SVP), Willy Meisterhans FDP) und Werner Stettler (SP) sowie die Neuen Othmar Bürkler (CVP), Otto Frey (FDP), Rodolfo Keller (SP) und Paul Schmid (SVP). Zum ersten Stadtpräsidenten wurde nach einem spannenden Wahlkampf der damalige SP-Präsident Rodolfo Keller gewählt, der im zweiten Wahlgang knapp obenausschwang. Danach wurde er in fünf Erneuerungswahlen in seinem Amt bestätigt. 1982 schaffte Ursula Furger (CVP) als erste Frau die Wahl in die Exekutive der Stadtgemeinde; nach ihrem Rücktritt wurde Margrit Manser (SVP) ihre Nachfolgerin.. Seit der Einführung der ausserordentlichen Gemeindeorganisation stellten SP, FDP und SVP regelmässig die grössten Fraktionen; bis zu Beginn der 1990er-Jahre spielten die «Mittelparteien» CVP, EVP und Landesring mit ihren insgesamt acht bis neun Sitzen zuweilen das Zünglein an der Waage. Auf der rechtsbürgerlichen Seite übernahm die 1978 neu gegründete Demokratische Partei viele Stimmen der aufgelösten Sektion der Republikaner, während die 1989 gebildete Grüne Partei bei ihrer ersten Wahlteilnahme im Frühjahr 1990 drei Sitze auf Kosten der drei dominierenden Parteien eroberte. Später hielten auch die Demokratische Partei, die Auto-Partei, die Jungliberale Partei Illnau-Effretikon JLIE, die Grünliberale Partei, die BDP und die JUSO im Parlament Einzug, während Landesring, DP, EDU, Autopartei und BDP wieder von der Bildfläche verschwanden und die CVP – wir wissen es – nun als «Mitte» politisiert.
Seit dem Inkrafttreten der neuen Gemeindeordnung im Frühjahr 1974 führt die Gemeinde offiziell den Namen «Stadt Illnau-Effretikon». Die 1970 durch den Zusammenschluss der Primar- und der Oberstufenschulgemeinde gegründete Schulgemeinde Illnau wurde aufgehoben und in die politische Gemeinde integriert. Seit 1978 ist der Schulpflegepräsident von Amtes wegen Mitglied des Stadtrates; gewählt wird er als Mitglied und Präsident der Schulpflege. Der Gesamtstadtrat bildet die Exekutive; seine damals neun nebenamtlich tätigen Mitglieder leiteten zwölf Ämter: das Präsidial-, Finanz-, Schul-, Hoch-, Tiefbau-, Sozial-, Gesundheits-, Polizei-, Werk-, Forst- und Landwirtschafts-, Sport- und Jugendamt. Ab 2010 verschwindeten die «Amtsbezeichnungen». 2018 reduzierte sich der Stadtrat um 2 auf 7 Mitglieder, nachdem die Stimmberechtigten der Empfehlung des Grossen Gemeinderates gefolgt sind. 2015 stimmten Parlament und die Stimmberechtigen dem Gemeindezusammenschluss mit Kyburg zu.
Der bis und mit 2021 so bezeichnete Grosse Gemeinderat, seit 2022 «das Stadtparlament», die Legislative, besteht unverändert aus 36 Mitgliedern; die vorberatenden ständigen Gremien sind seit jeher die Rechnungs- bzw. Geschäftsprüfungskommission und die Geschäftsleitung. Die Verhandlungen dieser Volksvertretung sind öffentlich und werden seit der einschlägigen und einschneidenden Erfahrung der Corona-Pandemie - wir erinnern uns: Abstandsregelungen, ausfallende Sitzungen, Maskenpflicht, Massentestung vor der Sitzung, ausserordentliche Sitzordnung – auch live ins Internet gestreamt werden. Bis zur Einweihung des Stadthaues 1955 fanden sie im Singsaal des Oberstufenschulhauses Watt statt.
Mit der Aufhebung der Gemeindeversammlung ging ein wichtiges Stück der direkten Demokratie verloren, das durch die Einführung des Referendums gegen Beschlüsse des Grossen Gemeinderats wenigstens teilweise kompensiert wurde: Mit den Unterschriften von mindestens zwölf Parlamentarierinnen und Parlamentarier oder damals mindestens fünfhundert (heute 400) Stimmbürgern kann ein Parlamentsbeschluss der Volksabstimmung unterstellt werden.
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