Grusswort des Parlamentspräsidenten
Sehr geehrte Einwohnerinnen und Einwohner,
liebe Kolleginnen und Kollegem im Parlament und im Stadtrat
Ich bedanke mich herzlich für die Wahl zum 51. Präsidenten des Stadtparlamentes. Ich nehme die Verantwortung gerne an, während eines Jahres die parlamentarische Debatte zu leiten und so zum Funktionieren der demokratischen Institution unserer kommunalen Legislative beizutragen.
Man stelle sich vor:
Im Stadthaussaal versammeln sich rund zwölf Mal jährlich die 36 Parlamentarierinnen und Parlamentarier jeweils mit 35 verschiedenen Auffassungen, Vorstellungen und Ansprüchen (Anmerkung: Als Präsident bin ich einer neutralen und unparteiischen Leitung verpflichtet). Bis zum Sitzungsbeginn sind die Meinungen zumindest innerhalb der sieben Fraktionen bereits gemacht und ein – mal längeres, mal kürzeres – Feilschen um einen mehrheitsfähigen Beschluss beginnt. Wenn ich mich auf meine bisherigen sechs Amtsjahre im Stadtparlament zurückbesinne, dann sind in solchen Situationen drei wichtige Tugenden die Voraussetzung für einen funktionierenden und fruchtbaren Parlamentsbetrieb. Es sind dies eine gesunde Diskussionskultur, Kompromissbereitschaft sowie Kollegialität.
Der politische Dialog funktioniert nur, wenn sachliche Voten auf Augenhöhe vorgetragen werden. Dies bedingt das politische Verständnis eines jeden, dass es bei Meinungsverschiedenheiten nicht immer ein «Richtig» und ein «Falsch» gibt, sondern dass unsere unterschiedlichen Ansichten zumeist ein Resultat von individuellen Interessensabwägungen sind. Dies ist auch die zentrale Abgrenzung zwischen einem wissenschaftlichen Konsens und der politischen Entscheidungsfindung. Während ersterer eine isolierte Fragestellung exakt zu beantworten versucht, hat die letztere die Problemlösung in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext zum Ziel. Zu einer gesunden Diskussionskultur gehört das Akzeptieren von unterschiedlichen Meinungen und das Geltenlassen von valablen Gegenargumenten.
Aus solchen politischen Streitfragen obsiegt dann sehr oft der allseits bekannte «gutschweizerische Kompromiss». Denn bis ein mehrheitsfähiger Beschluss vorliegt, mussten bereits viele Kolleginnen und Kollegen hie und da über ihren eigenen Schatten springen. Und das ist auch gut so. Denn erfahrungsgemäss trägt ein dogmatisches Festhalten an den eigenen Standpunkten «einfach aus Prinzip» keine Früchte. Oder anders gesagt will ich behaupten: Erst, wenn alle Fraktionen mit einem Beschluss etwa gleich unzufrieden sind, dann hat der Antragsteller bzw. die Antragstellerin wohl gute Arbeit geleistet. Kompromissbereitschaft bedeutet also auch, dass man sich nicht zu sehr in Detailfragen hineinsteigert und dabei «das grosse Ganze» nicht aus den Augen verliert.
Und zuletzt ist die Kollegialität eine wichtige Zutat unserer parlamentarischen Arbeit. Nur wer sein Gegenüber wertschätzt, nimmt diesen auch als Mensch mit berechtigten Bedürfnissen und valablen politischen Ansichten wahr. In unserem Gremium herrscht glücklicherweise ein grösstenteils gutes Einvernehmen untereinander. So sind bei uns meist die in der Debatte grössten Kontrahenten nach Sitzungsende die engsten Freunde. Dieser ausserparlamentarische Austausch ist zur Verständigung sehr wichtig und bringt neue Ideen, etwa für parteiübergreifende Vorstösse, hervor. Etwa beim sporadischen Apéro nach Sitzungsende oder beim alljährlichen Ratsausflug verschwimmen spürbar die Parteigrenzen, die Altersunterschiede und die verschiedenen Lebenseinstellungen.
Diese drei Tugenden – eine gesunde Diskussionskultur, Kompromissbereitschaft sowie Kollegialität – sind letztlich nicht nur die Voraussetzung für einen konstruktiven Parlamentsbetrieb, sondern für eine funktionierende Gesellschaft als Ganzes. Dank der in der Schweiz einzigartigen direkten Demokratie werden die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger ebenfalls jedes Jahr mit vier Abstimmungsterminen regelmässig in die politischen Entscheidungsprozesse eigebunden. Im internationalen Vergleich steht meinem Gefühl nach gerade deshalb die Schweizer Bevölkerung in puncto Diskussionskultur sehr gut da. Von Windrädern, über eine 13. AHV-Rente bis hin zur Beschaffung von Kampfjets werden jedenfalls bei meiner Arbeitsstätte in der Kaffeepause viele kontroverse Themen diskutiert und bei Meinungsverschiedenheiten einigt man sich im Minimum freundschaftlich darauf, dass man sich nicht einig ist. Diese hohe Diskursbereitschaft in der Gesellschaft gilt es hochzuhalten und wird immer wieder auf die Probe gestellt, etwa jüngst während der Pandemie, wo teilweise verständliche Vorbehalte und Argumente von links bis rechts durch die jeweils gegnerischen politischen Lager zu Unrecht geächtet wurden.
Neben der Hochhaltung unserer parlamentarischen Werte ist es mir ein Anliegen, diese auch nach aussen zu tragen und dadurch vielleicht sogar Aussenstehende für unsere Parlamentsarbeit zu begeistern. Und so freue ich mich neben dem Politbetrieb auch auf die vielen Kontakte mit der Bevölkerung und den Vereinen, die das Amt des Parlamentspräsidiums mit sich bringt. Bei diesen Kontakten werde ich gerne ein offenes Ohr für Anliegen und Ideen haben.
Für das angehende Amtsjahr wünsche ich mir folglich von unseren Parlamentarierinnen und Parlamentariern viele temperamentvolle, feurige Voten und im Anschluss der Sitzungen jeweils ein kollegialer Händedruck oder ein freundschaftliches Anstossen beim gemütlichen Umtrunk.
Mit herzlichem Dank für das Vertrauen und besten Grüssen
Simon Binder
Parlamentspräsident 2024/2025
Zur Person
Vorname, Name | Simon Binder |
Geburtsjahr | 1994 |
Zivilstand | verheiratet, 2 Kinder |
Privatanschrift | Luckhausen 2, 8307 Ottikon bei Kemptthal |
2024/2025 | Präsident des Stadtparlamentes, Amtsjahr 2024/2025 |
seit 2022 | Mitglied der Geschäftsleitung des Stadtparlamentes |
2020 bis heute | Mitglied der Parteileitung SVP Kanton Zürich |
2018 bis 2022 | Mitglied der Geschäftsprüfungskommission |
seit 2018 | Mitglied des Stadtparlamentes (früher «Grosser Gemeinderat») |
2018 bis 2022 | Mitglied des Wahlbüros der Stadt Illnau-Effretikon |
2016 bis 2020 | Vorstandsmitglied der SVP Bezirk Pfäffikon |
2016 bis 2020 | Vorstandsmitglied der SVP Illnau-Effretikon |
2015 bis 2020 | Vorstandsmitglied der Jungen-SVP Oberland-See |
2023 bis heute | Amt für Landschaft und Natur ALN, Strickhof; Fachspezialist für Pflanzenschutz |
2022 bis heute | Landwirtschaftlicher Familienbetrieb mit Acker- und Futterbau; Betriebsleiter |
2019 bis 2023 | AGRIDEA Landwirtschaftliche Beratungszentrale; Projektleiter für Pflanzenschutz, Ackerbau und Digitalisierung |
2013 bis heute | Schweizer Armee, Nationaler Notrundfunk (NNRF); Miliz-Unteroffizier in Elo Abt 46 |
2017 bis 2019 | ETH Zürich; MSc Agrarwissenschaften, Vertiefung (Major) in Pflanzenwissenschaften, Ergänzung (Minor) in Wiederkäuerwissenschaften |
2014 bis 2017 | ETH Zürich; BSc Agrarwissenschaften mit Schwerpunkt Agrar-Naturwissenschaften |
2009 bis 2013 | Kantonsschule Büelrain, Winterthur; Gymnasiale Matura, Schwerpunkt Wirtschaft und Recht |
2019 bis 2023 | ETH Zürich; Didaktischer Lehrgang und Unterrichtspraktikum, Abschluss mit Didaktik-Zertifikat in Agrarwissenschaften |
2018 | AGROSCOPE, Landw. Forschungsanstalt; Berufspraktikum in der Forschungsgruppe Sozioökonomie |
2014 | Sprachschule St Giles Vancouver, Kanada; Sprachaufenthalt, Abschluss mit Cambridge Certificate of Advanced English (CAE) |
FREIZEIT
Familie, Politik, Orchesterspiel (Trompete und Tenorhorn), Rennvelosport, Skifahren, Jogging