Kopfzeile

Inhalt

Nistkästen – wohlige Heime für Vögel oder Parasitenherde?

17. Oktober 2024
Nistkästen am oder ums Haus können viel Freude bereiten, denn sie erlauben die Beobachtung von Vögeln aus nächster Nähe.

Was braucht es an Pflege? Müssen die Nistkästen jeden Herbst gereinigt werden?

Nistkästen aufzuhängen, ist eine der populärsten Naturschutzmassnahmen. Bereits im 16. Jahrhundert platzierten Menschen Starenkästen – damals allerdings noch mit der Absicht, die munteren Vögel später zu essen. Heute hängen viele Menschen Nistkästen auf, weil sie sich an den gefiederten Nachbarn freuen und sie gerne beobachten.

Vögel, insbesondere Höhlenbrüter wie Kohl- oder Blaumeisen, nehmen die Kästen gerne an. Aber sie sind bei Weitem nicht die einzigen, die an den künstlichen Höhlen Gefallen finden. Auch Hummeln, Hornissen oder Wespen bauen ihre Nester gerne in Nistkästen.

 

MEHRFACHNUTZUNG

Das Ende der Brutsaison bedeutet noch lange nicht das Ende der Nistkastennutzung. Manche Vögel übernachten gerne weiterhin darin, vor allem in kalten Winternächten. Schmetterlinge finden Schutz vor Regen und Sturm. Gelegentlich ziehen auch Siebenschläfer, Waldmäuse oder Fledermäuse ein. Besonders vielfältig ist die Gruppe der wirbellosen Tiere, die in Nistkästen hausen: 120 Arten wurden im Winter in Nistkästen aufgestöbert. Unter ihnen befinden sich Arten, die eher wenig Sympathien geniessen, so zum Beispiel Parasiten wie Vogelflöhe und -läuse oder Milben. Diese Parasiten sind der Hauptgrund dafür, weshalb es früher üblich war, Nistkästen jeden Herbst zu putzen. Man war der Meinung, dass die Vögel sonst im kommenden Frühling ihren Plagegeistern schutzlos ausgeliefert wären und die Gesundheit der Jungen leiden würde. Das tönt logisch. Aber was geschieht in natürlichen Bruthöhlen?

 

PARASITENBEKÄMPFUNG MIT BIOLOGISCHEN MITTELN

Die Natur hält, wie immer, Lösungen bereit: Wenn Parasiten in einen Nistkasten einziehen, ziehen früher oder später auch die Feinde der Parasiten ein. Räuberische Insekten oder Spinnen halten die Plagegeister der Vögel in der Regel in Schach. Darüber hinaus lassen sich die Vögel nicht einfach überfallen, ohne Gegenmassnahmen zu treffen. So bauen viele Vögel Pflanzen mit Insekten abwehrenden oder antimikrobiellen Eigenschaften in ihre Nester ein. Forscher konnten nachweisen, dass die Vogeleltern mit diesen Abwehrmassnahmen Erfolg haben. Ihre Jungen sind schwerer und besitzen ein stärkeres Immunsystem als Junge, die in einem Nest ohne Parasitenabwehr aufwachsen.

Was bedeutet das nun für die Nistkasten-Putzete? Kurz gesagt: Gelegentliches Putzen ist sinnvoll, aber nur zum richtigen Zeitpunkt, nicht zu genau und nicht zu oft.
 

 

Bild 1
Ein Feldsperling ist im zeitigen Frühjahr auf Wohnungssuche. 
Bild 2
Ein Feldsperling hat frische Blätter gesammelt, die er in sein Nest einbauen wird.
Bild 3
Dieser Nistkasten beherbergt eine Kolonie Hornissen; allerdings scheint die Behausung langsam aus allen Nähten zu platzen.

ZUR ARTIKELSERIE

Die Stadt Illnau-Effretikon und die Gemeinde Lindau haben im Frühling 2022 eine Kampagne gestartet, um die Bevölkerung über den Nutzen und die Schönheit von Biodiversität im Siedlungsraum zu informieren. Monatlich erscheint im „Regio“ ein Artikel zum Thema.

 

ZUR AUTORIN

Barbara Leuthold Hasler arbeitet als selbstständige Biologin und Bergführerin. Mit der Natur vor ihrer Haustür befasst sie sich seit Jahren – nicht nur beruflich, sondern auch als Hobby, zum Beispiel im eigenen Garten und in ehrenamtlichen Arbeitseinsätzen in Naturschutzgebieten.

Zugehörige Objekte

Name
Nistkästen – wohlige Heime für Vögel oder Parasitenherde? (PDF, 148.08 kB) Download 0 Nistkästen – wohlige Heime für Vögel oder Parasitenherde?