Kopfzeile

Inhalt

Überwintern in Zeiten des Klimawandels

19. Dezember 2024
Unsere Winter werden immer milder. Macht das das Leben der Wildtiere leichter?

Unsere Winter werden immer milder. Fröste sind selten, und wenn Schnee bis ins Mittelland fällt, bleibt er nicht lange liegen. Wie gehen Wildtiere damit um? Macht das ihr Leben leichter? Für viele nicht – manchmal ist sogar das Gegenteil der Fall.

Zugvögel fliegen im Herbst bekanntlich in den Süden. Angeregt durch warme Herbsttage bleiben einzelne Individuen jedoch bei uns, und dies in zunehmender Zahl. So sind zum Beispiel Stare immer öfter im Winter zu sehen. Die Vögel, die hierbleiben, sparen sich die gefährliche und energiezehrende Reise und sind im Frühling als erste am Brutplatz. Diese Vorteile kippen allerdings ins Negative, wenn ein längerer Kälteeinbruch kommt und die daheimgebliebenen Stare zu wenig Nahrung finden. Welche Strategie die bessere ist – nach Süden ziehen oder hierbleiben – gleicht einem Glücksspiel.


GEFÄHRLICHE WINTEREINBRÜCHE

Unter den Insekten können milde Winter grosse Verluste verursachen. Warme Temperaturen verleiten sie dazu, ihre geschützten Winterquartiere zu verlassen und auf Nahrungssuche zu gehen. Honigbienen fliegen beispielsweise ab 12 °Celsius aus. Da aber kaum Pflanzen blühen, finden die Bienen keine Nahrung. Wenn die Temperaturen wieder sinken, schaffen es die Insekten manchmal nicht rechtzeitig zurück in ein geschütztes Versteck. Oder der Ausflug hat sie so viel Energie gekostet, dass diese nicht bis zum Frühling reicht.

Ähnlich geht es Säugetieren wie dem Igel, die einen Winterschlaf abhalten. Wird es zu warm, erwachen sie und gehen auf Wanderschaft. Nahrung finden sie mitten im Winter trotz der warmen Temperaturen kaum. Ihr Rhythmus ist gestört, und sie müssen von ihren Fettreserven zehren.

SCHÜTZENDE SCHNEEDECKE

Auch für gewisse kleine Tiere, die keinen Winterschlaf halten, können milde Winter schwieriger sein als kalte, schneereiche. Vor allem für Mäuse ist dies der Fall. Eine geschlossene Schneedecke schützt die kleinen Nager wunderbar vor Kälte und Fressfeinden. Ohne Schnee werden sie dagegen leicht zur Beute von Rotmilanen, Schleiereulen oder anderen Feinden.

Womit auch gesagt ist, wer von warmen Wintern profitiert: Tiere, die ihre Nahrung bevorzugt am Boden suchen, haben es in warmen, schneearmen Wintern leichter, als wenn über längere Zeit Schnee liegt.

 

WAS KANN ICH TUN?

 

Spuren im Schnee
Hier hatte der Jäger (wohl eine Hauskatze) kaum eine Chance. Die Schneedecke und der Holzrost bieten Mäusen und anderen Kleintieren perfekten Schutz.

 

Nicht zufällig sucht der Storch auf dem offenen Boden nach Beutetieren – unter dem Schnee kann er sie nicht sehen…
Christrose
Diese Bienen hatten Glück im Unglück: Obwohl sie die Wärme zu Unzeiten (nämlich am 1. Januar 2022) aus dem Winterquartier lockte, fanden sie in den Christrosenblüten Nahrung.

 

ZUR ARTIKELSERIE

Die Stadt Illnau-Effretikon und die Gemeinde Lindau haben im Frühling 2022 eine Kampagne gestartet, um die Bevölkerung über den Nutzen und die Schönheit von Biodiversität im Siedlungsraum zu informieren. Monatlich erscheint im «Regio» ein Artikel zum Thema.

 

ZUR AUTORIN

Barbara Leuthold Hasler arbeitet als selbstständige Biologin und Bergführerin. Mit der Natur vor ihrer Haustür befasst sie sich seit Jahren – nicht nur beruflich, sondern auch als Hobby, zum Beispiel im eigenen Garten und in ehrenamtlichen Arbeitseinsätzen in Naturschutzgebieten.

Zugehörige Objekte

Name
Überwintern in Zeiten des Klimawandels (PDF, 190.42 kB) Download 0 Überwintern in Zeiten des Klimawandels