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Leitartikel Oktober 2022; Stadtrat Philipp Wespi

17. Oktober 2022
Stadtrat mit 29... Nun mit 41 «Dienstältester»... Erkenntnisse?

Die Wahlen 2022 sind passé. Ich durfte mich über meine vierte (!) Stadtratswahl freuen und erhielt von meinen Kolleginnen und Kollegen wiederum das Fi­nanz-Wunschressort anvertraut. Und… ja: Ich wurde zum «Vize» gewählt. Ich bin somit Vertretung unseres «Stapis» in dessen Verhinderungsfall. Aber. Mir wurde diese Rolle nicht durch Mehrheitsbe­schluss oder via Kampfkandidatur zu teil. Nein. Der Stadtrat folgte nur seiner bisherigen Tradition, je­weils sein dienstältestes Mitglied zum Vize zu er­nennen.

Mit diesem «Ritterschlag» wurde mir endgültig be­wusst, dass - obwohl selbst erst 41 Lenze zählend - ich bereits zwölf Dienstjahre auf dem eigenen Stadt­rats-Tacho habe… Der Zeitpunkt scheint deshalb ge­eignet, kurz innezuhalten, um mir Gedanken über die bisherigen Erkenntnisse aus dieser Zeit zu ma­chen.
 

1.
Der Stadtrat wirkt nur als Team.

Bei meiner ersten Wahl 2010 zählte das Gremium noch neun Mitglieder, seit 2018 sind es sieben. Egal wie hoch die Anzahl und wie unterschiedlich die Per­sönlichkeiten, die darin wirken: Nur als Team kön­nen Probleme gelöst und die Stadt entwickelt wer­den. Nur ein gemeinsamer Auftritt ermöglicht die Realisierung der gesteckten Ziele. Ein Team ent­steht nur durch gegenseitiges Vertrauen. Rituale wie der gemeinsame Apéro oder das Nachtessen nach der Stadtratssitzung, die gemeinsame Jahres-Klausur oder auch Ausflüge sind die Basis für dieses Vertrauen und für die Entstehung des für den Erfolg so zentralen, stadträtlichen Teamgeistes.
 

2.
Das Kollegialitätsprinzip ist des Stadtrates mächtigstes Instrument.

Entscheide vorlegen, diskutieren, abwägen und dann entscheiden. Klar. Aber letzteres erfolgt manchmal durch eine Mehrheit, der man selbst nicht angehört. Mittragen und «Draussen» verteidi­gen obliegt dann aber allen Mitgliedern gleich. Die eigene Meinung ist dann egal. Eisern dieses Prinzip zu leben und zu pflegen ist zwingend, um die politi­sche Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit des Stadtratsgremiums zu erhalten; und um auch kriti­sche und heikle Entscheide zum Erfolg zu bringen.
 

3.
Eine gute Verwaltung ist entscheidend, nicht die Politik.

Die Verwaltung macht. Der Stadtrat steuert.

Es ist wie in der Seefahrt: Gesteuert werden kann nur, wenn ein Schiff auch fährt. Und dies nur so schnell und effizient, wie es die Mannschaft will und tut. Und dabei ist der Stadtrat zwar Kapitän (strate­gische Ebene), aber ohne Crew (operative Ebene) bekommt der Stadtrat keine eigene Seemeile geba­cken. Eine effiziente, bürgernahe und effektive Ver­waltung, die wertbasiert handelt, um das Schiff zu bewegen, ermöglicht auch eine durchschnittliche Stadtrats-Kapitänin bzw. ein durchschnittlicher Stadtrats-Kapitän eine Regatta zu gewinnen.
 

4.
Die «bürgerliche» oder «linke» Mehrheit im Stadtrat ist eine Mär.

Der Stadtrat handelt, in Analogie zur Privatwirt­schaft, als Verwaltungsrat. Er agiert im Interesse der Anteilsinhabenden, also der Bevölkerung unserer Stadt. Die eigene Parteizugehörigkeit wird in den Hintergrund gestellt. Sie dient allenfalls als Richt­schnur, nie jedoch als Fundament aller Entscheide. Stadträtinnen und Stadträte sind Persönlichkeiten mit eigener Geschichte und eigenen Werten. Stets wissend, dass für Politerfolge Mehrheiten gewon­nen werden müssen. Entscheide entlang vermeint­licher Parteilinien entstehen nur in den seltensten Fällen (ich erinnere mich an zwei bis drei Geschäfte, die für die Interessen unserer Stadt von untergeord­neter Bedeutung waren). Vielmehr entscheidet das Gremium als Führungsorgan mit einem geeinten Fo­kus. Welches sind unsere Schwerpunkte? Was ha­ben wir versprochen? Der stadträtliche Kompass ist damit geeicht; nicht mit Parteiideologien, sondern mit den jeweiligen, stadträtlichen Schwerpunkten.
 

5.
Aussensicht und Leistung sind nicht das Gleiche.

Oft wurde und werde ich als Finanzvorstand seitens Bevölkerung gelobt. Unsere Finanzen seien intakt. Und dies auch dank «unserem Finanzvorstand». Wenn gilt, dass «Ehre wem Ehre gebührt», dann ge­bührt mir diese Ehre nicht.

Ich arbeite zusammen mit meiner Abteilung an je­dem Budget, arbeite an jedem Finanzplan aktiv mit und unterstütze die Verwaltung in der kritischen Überprüfung des Steuerfrankens, bevor dieser aus­gegeben wird. Aber ich persönlich steuere weder die rekordhohen Grundstückgewinnsteuern der letz­ten Jahre, noch habe ich direkten Einfluss auf die Höhe des für unsere Stadt wesentlichen Ressour­cenausgleichtopfs. Die rekordhohen Einnahmen da­raus sind mitunter auch Ursache für den Schul­denabbau der letzten Jahre. Punkt.

Zudem hat die Abwahl von wertvollen, krampfenden und für die Stadt agierenden Stadtrats-Persönlich­keiten in der Vergangenheit mir bewiesen, dass (in­terne) Leistung kaum mit der Aussenwahrnehmung korrespondiert.

Ja, ich bin zwar mit 41ig Amtsältester. Aber in kei­ner Form bin ich amtsmüde. Obwohl schon zwölf Jahre auf dem stadträtlichen Finanzvorstandsbu­ckel, erfüllt mich meine politische Arbeit. Es moti­viert mich in einem Gremium mitanzupacken, das gemeinsam bestrebt ist, die beste Lösung für die Mehrheit der Bevölkerung zu schaffen. Ein Gre­mium, das als Team und mit dem «Speuz» der Ver­waltung an den Schwerpunkten arbeitet, um diese «zu Boden» und damit zum Erfolg zu bringen.

Noch eine Legislatur? Weitere vier Jahre? Natür­lich! Gerne! Attack! 

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